Rezension Chronik

 

Bernhard ARENS, Chronik Wallendorf „Vu gester bis haett“.bernhard

Wallendorfer Geschichte(n) erlebt und erzählt, Berlin u.a.: Europäischer Universitätsverlag 2010, 495 S., darin zahlr., überwiegend farb. (ungez.) Abb., geb., ISBN 978-3-932329-58-6

Das reizvoll unweit der Mündung der Our und des Gaybaches im Tal der Sauer gelegene Wallendorf erfährt in diesem Buch zum ersten Mal eine umfangreiche Darstellung seiner Kulturgeschichte mit besonderer Würdigung seiner vergangenen bäuerlichen Kultur, zu der man den Initiator des Projektes, Bernhard Arens, die Mitautoren und die herausgebende Ortsgemeinde nur beglückwünschen kann.

Der erste Teil, der weit mehr als die Hälfte des Buches ausmacht, stammt aus der Feder von B. Arens und widmet sich der Vorgeschichte und Geschichte des Ortes mit Schwerpunkt der Zeit der beiden letzten Generationen, die auch dem zeitlichen Rahmen entspricht, den der Autor bewusst erlebt hat.

Obwohl dieser Wallendorf mit seinem elften Lebensjahr verlassen hat, hat er nicht nur eine enge emotionale Bindung an den Heimatort behalten, sondern blieb diesem auch durch familiäre Bande weiterhin verbunden. Dies erklärt auch das Vertrauen, das ihm zahlreiche Zeitzeugen entgegengebracht haben, indem sie ihm mündlich an sehr persönlichen Begebenheiten teilnehmen ließen oder ihm schriftliche Dokumente privater Natur zur Verfügung stellten, die der Autor stets in pietätvoller Weise behandelt.

Hier seien insbesondere die Auszüge aus der Briefkorrespondenz von Wilhelm Wenzel, Gaymühle, genannt, die sein Sohn Jakie dankenswerterweise zur Veröffentlichung freigab. Sie spiegeln die wechselnde Gefühlswelt eines deutschen Soldaten im Zeitraum zwischen August 1941 und August 1944, der vornehmlich an der Ostfront eingesetzt war, und berühren als unmittelbares Zeugnis einer schicksalhaften Zeit (S. 346-368).

Gerade die Präsentation einer Vielzahl vergleichbarer Quellen macht die etwas untertreibend „Chronik“ genannte Darstellung lebendig und spannend. Als sehr gelungen darf das Kapitel „Landwirtschaft, Handwerk, Geschäfte und Verkehr“ (S. 198-221) bezeichnet werden, in dem der vergangenen bäuerlichen Lebenswelt und Kultur ein Ehrendenkmal gesetzt wird. Rezensent hat sie während zahlreicher Ferienaufenthalte bei einer Familie im benachbarten Biesdorf, einmal auch bei der Familie des Autors, als Kind bewundern dürfen; der Vielfalt handwerklicher Kenntnisse, der Ausdauer und Flexibilität seiner bäuerlichen Gastgeber gedenkt er immer noch mit Hochachtung.

Wallendorf war in besonderer Weise in den Zweiten Weltkrieg verwickelt: Am 10. Mai 1940 wurde über die Wallendorfer Sauerbrücke der verhängnisvolle Einmarsch in das neutrale Luxemburg und weiterhin nach Frankreich geführt, und in der Endphase des Krieges wurde der Ort bei Kampfhandlungen total zerstört. Eindrucksvoll werden das Elend der Zivilbevölkerung und der Elan des Wiederaufbaues geschildert.

Der verständliche Hass der Nachbarn hat sich nach zwei Generationen gelegt, wofür im zweiten Teil der Aufsatz des langjährigen luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker zeugt: „Ein ‚kleines Europa’“ (S. 386-390).
Dieser zweite Teil (S. 298-495) vereinigt 36 „Beiträge verschiedener Autoren“, die die Kulturgeschichte Wallendorfs und seiner Region aus vielfältigen Perspektiven beleuchten. Sie gelten so unterschiedlichen Gebieten wie der Archäologie, Geologie, Flora und Fauna, Sprache oder dem moselfränkischen Ortsdialekt.

Ein Beitrag ist dem in Indien 37 Jahre lang tätig gewesenen, aus Wallendorf gebürtigen Missionar J.B. Hoffmann (1857-1928) gewidmet, ein anderer richtet sich auf die revolutionären Umtriebe von 1848, mit denen der damalige preußische Landrat J.N.C. Thilmany sympathisierte. Auch das Vereinsleben kommt gebührend zur Sprache. Auswanderer, Grenzbeamte, Soldaten, Zugewanderte, Feriengäste kommen zu Wort und singen ein Loblied auf den Ort, dessen Zukunft zweifellos im Fremdenverkehr liegt.

Sympathisch auch, dass eine ehemalige Schülerin aus Wallendorf des ehemals altsprachlichen St.-Josef-Gymnasiums der Nachbargemeinde Biesdorf ihre Erinnerungen an ihre Schulzeit ausdrückt, wie auch der ehemalige Lehrer der „Zwergschule“ Biesdorf ein Loblied auf die (nicht immer unproblematische) gute Nachbarschaft anstimmt. Eine gute Idee war es auch, namensgleiche Orte vorzustellen, als da wären ein Wallendorf im Kreise Merseburg und ein weiteres in Siebenbürgen (Rumänien), das offenbar von Wallendorfern an der Sauer und Bewohnern aus Nachbardörfern gegründet wurde und den alten Dialekt bis heute beibehalten hat.

Der Personenkreis der Autoren des zweiten Teiles trägt zwar oft den Ort Wallendorf als Wohnsitz, doch ist er auch mit Orten der näheren Umgebung verbunden. Schließlich leben andere Autoren in Luxemburg, Berlin, Bonn, Dülmen und sogar in Rom und Viola/Wisconsin (USA). Sie haben ihren Anteil an einem Werk, das eine Werbung für Wallendorf darstellt und als Modell einer anspruchsvollen Ortschronik gewertet werden kann.

Am Ende soll noch einmal der entscheidende Beitrag von B. Arens, der auch im zweiten Teil mehrfach als Co-Autor in Erscheinung tritt, lobend hervorgehoben werden.

Frechen, im Juli 2011
Wolfgang Decker

Das Buch ist für 29,-€ über den Buchhandel zu erwerben sowie unter folgenden Adressen:

Gemeindeamt Wallendorf, Genovevastraße 1;
Friseursalon Elfriede Arens, Wallendorf, Sauertalstraße 32;
Homepage: www.wallendorf-eifel.de

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